Foto: BRM Leipzig-Westsachsen

Leipziger Soli-Modelle erleben: Ge:Bäck & VegUtopia

Ende November fand ein spannender Betriebsbesuch bei Ge:Bäck mit anschließendem Input von VegUtopia statt. Gemeinsam entdeckten Studierende der Universität Leipzig, wie alternative, solidarische Wirtschaftsmodelle in der Lebensmittelproduktion funktionieren – und welche Rolle regionale Ansätze für nachhaltige Ernährungspolitik auch in Leipzig spielen.

Ge:Bäck – Solidaritätsprinzip durch und durch

Sarah, eine Mitgründerin der Soli-Backstube, erzählt über die Vision hinter der ersten solidarischen Bäckerei Leipzigs. Nach dem Vorbild der solidarischen Landwirtschaft wird die Bäckerei von der Gemeinschaft getragen – finanziell als auch ideell. Es kann eine Brotmitgliedschaft mit sechs selbstwählbaren Preisstufen abgeschlossen werden, wobei ein Anteil ein Brot pro Woche bedeutet, das an verschiedenen Abholstationen in der Stadt verteilt abgeholt werden kann.

Aus Mehl, Wasser, Salz und Sauerteig wird mit langer Teigführung Brot gebacken. Das Bio-Getreide für ihre verschiedenen Backwaren beziehen sie aus der Region und lagern es direkt in der Markthalle. Mit ihrer Bäckerei und den Mitgliedern stärken sie dabei nachhaltige und kleinbäuerliche Landwirtschaft, regionale Wertschöpfungsketten, resiliente (Ernährungs-)Netzwerke und Kooperationen, fördern handwerkliche Brotherstellung und gewährleisten faire und selbstbestimmte Arbeitsbedingungen von der Landwirt:in bis zu den Bäcker:innen.

Von der Verteilung der nach einem Jahr nun aus den Mitgliedsbeiträgen auszahlbaren, bedürfnisorientierten Löhne, über Kommunikationsstrategien innerhalb des Teams bis zu den Preismodellen für das wöchentliche Brot für Mitglieder – hier wird durch und durch auf ein solidarisches Prinzip und die Gemeinschaft gesetzt. Ziel ist es, den Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, sich mit einzubringen und aktiv mitzugestalten. Auch in der Markthalle selbst herrscht ein austauschreiches und gegenseitig hilfsbereites Klima, ein perfekter Ort für die Backstube!

Am Samstag wird aus der kleinen Lucke der Bäckerei direkt auf dem Samstagsmarkt Brot und weiteres Gebäck wie Brezeln und Zimtschnecken verkauft. Das bedeutet: Freitag ist Backtag, perfekt für den Betriebsbesuch! Also ging es für uns in die mollig-warme Backstube, in der bereits fleißig Sauerteigbrotteig angesetzt und Zimtschneckenteig zubereitet wurde und Brote vor dem aufheizenden Ofen im Gärkörbchen aufgingen.

Ein Highlight der Verkostung, neben leckerstem Brot: die Weihnachtsspezialität der Bäckerei – Honigbrot. Am Tag vor unserer Führung frisch gebacken, durften wir es als erstes verköstigen – und es schmeckte so gut!

Solidarische Landwirtschaft bei VegUtopia

Im Anschluss an die Führung durch die kleine Backstube und eine köstliche Stärkung gab es einen inspirierenden Austausch mit Marlen, einer Gärtnerin von VegUtopia. Sie stellte uns die solidarische Feldwirtschaft VegUtopia vor und erklärte, wie dieses Modell nicht nur eine ökologische, sondern auch eine zukunftsweisende Form der kommunalen Lebensmittelversorgung darstellt.

VegUtopia, die Abkürzung für den Verein für Ernährungssouveränität und gesellschaftliche Utopien e.V., ist eine solidarisch getragene Landwirtschaft in Brandis, die auf ungefähr 1,6 Hektar Anbaufläche mehr als nur frisches Gemüse produziert. Neben den Anzucht- und Anbaubereichen gibt es hier auch Obst- und Nussbaumwiesen sowie zahlreiche Kleinstbiotope.

Das Besondere bei VegUtopia ist die bewusste Entscheidung, den gesamten Anbauprozess nahezu erdölfrei zu gestalten. Statt maschineller Unterstützung wird alles in Handarbeit erledigt – von der Bodenbearbeitung über die Pflanzung bis hin zur Ernte. Darüber hinaus gewinnen sie Saatgut aus eigenen Pflanzen und übernehmen die Jungpflanzenanzucht unter der Nutzung von eigenem Kompost – ein perfektes Beispiel für das Modell der Kreislaufwirtschaft. Diese ressourcenschonende Landwirtschaft sorgt nicht nur für gesunde Böden und damit gesundes Gemüse, sondern schützt dabei auch das Klima.

Das solidarische Prinzip

Wie der Name schon sagt, basiert die solidarische Landwirtschaft auf einem gemeinschaftlichen Modell. Mitglieder finanzieren durch Anteile die landwirtschaftliche Arbeit, wobei die Beträge in einer sogenannten Bietrunde solidarisch gesetzt werden. Das bietet Planungssicherheit und macht den Betrieb von globalen Märkten und dessen Schwankungen unabhängiger. Im Gegenzug erhalten Mitglieder wöchentlich eine Kiste mit frischem, saisonalem Gemüse, Kräutern und teilweise Obst. Diese Abokisten werden wie bei Ge:Bäck an verschiedenen Standorten in der Stadt ausgegeben. Aktuell versorgt VegUtopia etwa 60 Mitglieder mit den Erträgen vom Feld und aus den Stünzer Gärten, wo ebenfalls ein kleiner Teil des Gemüses angebaut und gelagert wird. Die Mitglieder profitieren nicht nur von einer nachhaltigen Lebensmittelversorgung, sondern auch von der Möglichkeit, selbst Teil der landwirtschaftlichen Prozesse zu sein.

Dazu kommt die große Vielfalt der Anbausorten, die eine solche Landwirtschaft im Gegensatz zu anderen Modellen ermöglicht, dieses Jahr waren es um die 50 Sorten. So haben die Gärnter:innen bei VegUtopia auch die Möglichkeit, besondere Pflanzen anzubauen, wie beispielsweise Yacón, eine Pflanze, die sonst vor allem in Südamerika vorkommt. Die Wurzel schmeckt laut Marlen nach einer süßlichen Kombination aus Möhre und Birne. So gibt es neben Kohl im Winter also auch eine bunte Palette an saisonaler Gemüsevielfalt in jeder wöchentlichen Abokiste.

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Zukunftsmodell Solidarität?

Abschließend wurde kurz darauf eingegangen, ob die solidarische Landwirtschaft ein Modell der Zukunft ist – und was es braucht, um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Bereits heute zeigen SoLaWis und anderweitig solidarische Betriebe, dass dieses Konzept auf vielen Ebenen funktioniert, wie bereits aufgezeit. Trotz des großen Potenzials stehen solidarische Wirtschaften vor Herausforderungen. Es braucht mehr Mitglieder, um vor allem kurzfristig die Kosten zu decken und das Konzept langfristig auf eine sichere finanzielle Basis zu stellen. Aktuell sind faire Löhne für die meisten Gärtner:innen schwer umzusetzen, auch in einer SoLaWi, was neben der Mitgliederanzahl im Allgemeinen auch mit der begrenzten Kaufkraft der Menschen zusammenhängt. Kooperationen und die Zusammenarbeit aller Beteiligten – Produzent:innen, Konsument:innen, Städte, Unterstützer:innen und alle dazwischen – sind daher essenziell.

Auch wenn sich in Leipzig bereits eine solidarische, alternative Struktur etabliert hat, braucht es weiterhin eine bewusste Förderung und das Engagement aller, um dieses Modell weiterzuentwickeln und zu sichern. Denn eine nachhaltige Lebensmittelversorgung der Zukunft erfordert, dass alle Akteur:innen an einem Strang ziehen. Dabei sind solidarische Modelle, in Leipzig und darüber hinaus, nicht nur ein Modell der Zukunft, sondern längst ein Konzept der Gegenwart, das zeigt, wie sozial und ökologisch gerechte Ernährung gelingen kann.

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Danke an alle Teilnehmenden, an Ge:Bäck und VegUtopia, und an den Fachschaftsrat Politikwissenschaft der Universität Leipzig, die den Politikwissenschaftsstudierenden und damit einem Großteil der Teilnehmenden ein Stück kommunaler Ernährungspolitik und solidarischen Alternativen nähergebracht haben.

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