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Hofbesuch Agrarprodukte Kitzen
Am 19. November fand unser letzter Hofbesuch bei der Agrarprodukte Kitzen e.G. statt, bei dem wir Einblicke in die heutige moderne Milchproduktion und Nutztierhaltung erhielten.
Aus einem LPG-Betrieb wurde 1991 die Genossenschaft Agrarprodukte Kitzen e.G. mit zwei Standorten – einem in Großzschocher und einem in Kitzen. Insgesamt gehören zum Unternehmen 3.200ha landwirtschaftliche Nutzfläche, 60ha Grünland, 400 Zuchtsäuen und 800 Kühe. Um Besucher:innen einen Einblick in die Abläufe des Melkvorgangs zu ermöglichen, befindet sich seit 2022 am Standort in Großzschocher der Gläserne Kuhstall, der direkt an den betrieblichen Veranstaltungsraum angrenzt. Über ein Fenster ist der direkte Blick in die Melkanlage möglich. Auch wir werfen nach dem Eintreten in den Veranstaltungsraum einen Blick in den Gläsernen Kuhstall, wo gerade noch die morgendliche Melkrunde läuft.
Bevor es zur Hofführung in den Stall geht, erzählt uns Gunter Zeutschel, Vorstand des Betriebs, ein wenig mehr zu den Hintergründen des Betriebs, den unterschiedlichen Standbeinen (Tierproduktion, Feldbau, Biogasanlage) und der Automatisierung des Melkprozesses. Seit der Automatisierung des Melkprozesses befinden sich alle 800 Kühe auf dem Hof in Großzschocher, wo in zwei Melkschichten täglich 21.000 Liter Milch gemolken werden. Ein Teil der Milch wird direkt zur Weiterverarbeitung abgeholt, rund 1.000 Liter werden täglich in der Hofkäserei weiterverarbeitet. In der neuen Melkanlage befinden sich 17 Melkroboter, die den Melkprozess vollautomatisch steuern. Pro Schicht ist dennoch die Anwesenheit von zwei Mitarbeiter:innen notwendig. Vor der Automatisierung wurde der Melkvorgang von 12 Mitarbeiter:innen betreut. Um die Gesundheit der Tiere zu gewährleisten, finden täglich tierärztliche Kontrollen durch Tierärzt:innen der Uni Leipzig statt, erzählt uns Zeutschel. Ob ein Tier krank ist, wird mittels der digital aufbereiteten Messwerte der Milchroboter analysiert. Liegen die Werte nicht im Normbereich, wird das Tier direkt in den Krankenbereich geschleust.
Während der Hofführung läuft das Gespräch weiter. Auf dem Weg durch den Kuhstall beäugen uns die Kühe neugierig und Zeutschel erklärt uns, dass alle Kühe nach Haltungsform 3 gehalten werden. Das bedeutet, die Kühe können sich im Stall und im Außenbereich frei bewegen und erhalten ausschließlich gentechnikfreies Futter.
Im Außenbereich hinter der Stallanlage werden die Kälber in kleinen Einzel- und Gemeinschaftsgehegen gehalten. Neugeborene Kälber werden zunächst in Einzelgehegen gehalten, dies dient der Überwachung der Nahrungsaufnahme. Sind die Tiere etwas älter, werden sie in Gemeinschaftsgehegen zusammengeführt. Die weiblichen Kälber verbleiben im Betrieb, die männlichen Kälber werden zur Fleischproduktion verkauft.
Im Gespräch erfahren wir auch, dass die Milchproduktion nicht das einzige Standbein des Betriebs ist. Niedrige Milchpreise machen das Überleben von der Milchproduktion fast unmöglich. Aus diesem Grund widmet sich Agrarprodukte Kitzen auch der Energieproduktion. Über die zwei Biogasanlagen wird Gülle in Methangas umgewandelt. Über den entstandenen Strom versorgt sich der Betrieb zum Teil selbst, speist einen Großteil aber auch ins öffentliche Netz ein. Die Vision ist es, mit den betriebseigenen Fotovoltaik- und Biogasanlagen stromautark zu sein und nur überschüssige Energie ins öffentliche Netz einzuspeisen.
Gunter Zeutschel macht deutlich, dass auch die Agrarprodukte Kitzen e.G. trotz Vorzeigecharakter vor wirtschaftliche Herausforderungen gestellt ist. Erst in diesem Jahr wurde der letzte von acht Milchautomaten eingestellt, weil der Umsatz nicht stimmte. „Regionalität ist uns Wichtig, aber marktwirtschaftliche Zwänge treiben und in die Enge“, fasst Zeutschel zusammen.
Nach gut einer Stunde Führung über den Betrieb treten wir unseren Weg zurück in den Veranstaltungsraum an. Dort hat Conny Gerst, Leiterin des Hofladens, bereits hofeigenen Käse, Wurstwaren und Milch zur Verkostung bereitgestellt. Beim Essen klingen die Gespräche langsam aus und einige der Teilnehmenden machen sich bereits auf den Weg zum Milchautomaten am Eingang des Betriebsgeländes, wo noch Frischmilch verkauft wird.